Geistig-ethischer Hintergrund von Ueshiba Morihei

Während seiner Teilnahme am Russisch-Japanischen Krieg (1904–1905) wurde Morihei Ueshiba, der Begründer des Aikidō, mit den Schrecken des Krieges – Tod, Zerstörung und Leid – direkt konfrontiert. Diese Erfahrungen führten ihn zu der tiefen Einsicht, dass Gewalt keinen Sinn ergibt.
Aus dieser persönlichen Entwicklung heraus formte er die Grundhaltung des Aikidō: Eine Kampfkunst, deren Strategie konsequent auf Gewaltverzicht und Friedfertigkeit ausgerichtet ist – unabhängig von der Situation.
Der Konflikt – Ausgangslage, ethische Einstellung und Lösung
Hinter jeder Auseinandersetzung steht meist der Wunsch, sich gegenüber der anderen Seite durchzusetzen – oder die Angst, unterlegen zu sein. Ziel einer Deeskalation ist es, den Konflikt zu klären und gemeinsam nach einer konstruktiven Lösung zu suchen. Doch nicht alle Konflikte lassen sich entschärfen. Fehlen funktionierende Alternativen, kann eine Eskalation unausweichlich werden.
Wenn eine Deeskalation nicht mehr möglich ist und andere Wege zur Konfliktvermeidung ausgeschlossen sind, bleiben am Ende nur zwei Optionen: aufgeben – oder, sofern die Mittel vorhanden sind, der Schritt in die Konfrontation.
Vorteil durch Initiative
Ein Zweikampf im Aikidō beginnt mit dem Angriff des Gegners. Die zentrale Idee dieser Kampfkunst ist es, den Angriff nicht passiv abzuwarten, sondern ihn sofort nach seinem Beginn – noch bevor er vollständig ausgeführt werden kann – zu unterbrechen. Der Aikidoka geht dem Angreifer aktiv entgegen, tritt frühzeitig in dessen Handlungsspielraum ein und stört den Angriff bereits im Ansatz.
Dadurch übernimmt der Verteidiger die Initiative, beeinflusst aktiv den Verlauf der Auseinandersetzung und verschafft sich einen strategischen Vorteil. Der Angreifer hingegen wird aus dem Gleichgewicht gebracht und gezwungen, spontan zu reagieren – meist instinktiv statt überlegt. Genau darin liegt ein weiterer Vorteil für den Aikidoka.